Ihre Checkliste für alles Wichtige rund um die Mehrwertsteuersenkung und die Konsequenzen für Ihre IT-Systeme
Bitte beachten Sie, dass wir Ihnen nur eine Zusammenfassung des Sachstandes anbieten (begrenzt auf die SOLL-Versteuerung) und eine Übersicht über die Schritte, die aus unserer Sicht für IT-Systeme gemacht werden müssen. Der folgende Text hat keinen Beratungscharakter und Sie müssen in jedem Fall Ihren Steuerberater konsultieren, falls Sie weitergehende Fragen zum Thema und zur fachlich korrekten Umsetzung des Gesetzes bzw. des Gesetzesvorhabens haben.
Inhalt:
Einfluss der Mehrwertsteuersenkung auf die SOLL-Versteuerung
Von der Mehrwertsteuersenkung sind alle Käufe und Verkäufe innerhalb Deutschlands sowie die Einfuhren aus EU-Mitgliedsstaaten betroffen. Normalerweise gilt der Grundsatz, dass zwei von drei Tatbeständen zutreffen müssen für den steuerbaren Umsatz:
- Rechnungsdatum
- Leistungserbringungsdatum
- Zahlungsdatum
Im geplanten Gesetz trifft dieser Grundsatz NICHT zu. Stattdessen werden unabhängig von dem Rechnungsdatum und dem Zahlungsdatum nur die im betreffenden Zeitraum tatsächlich ausgeführten Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Das heißt: es ist entscheidend, wann die Leistung erbracht wird, und nicht, wann die Rechnung gestellt wird oder wann die Rechnung gezahlt wird.
Als ausgeführt gilt ein Umsatz, wenn ein Leistungsempfänger einer „Lieferung“ die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand erlangt oder eine sonstige (Teil-)Leistung im betreffenden Zeitraum erbracht wurde. Bei Sukzessivleistungen gilt jeder einzelne Zeitpunkt der Leistungserbringung bei Werkleistungen deren Vollendung [3].
Auch für den Onlinehandel (Distanzhandel) ist demnach die „erfolgte Ausführung“ des Umsatzes maßgeblich. Eine Lieferung im Sinne des Onlinehändlers gilt dann als ausgeführt, wenn der Lieferort nach § 3 Absatz 6 UStG wie folgt bestimmt ist: „Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.“, wie sich aus A 13.1 Abs. 2 S. 1 UstAE (siehe [4]) ergibt.
Beispiele für ausgeführte Umsätze
Die Ware wird vom Onlinehändler an den Lieferdienst übergeben. Sobald sich die Ware nicht mehr im Warenhaus des Onlinehändlers befindet, gilt die Ware als ausgeliefert und der Umsatz als ausgeführt.
Wenn kontinuierlich erbrachte Leistungen monatlich abgerechnet werden, kommt es bei der Besteuerung darauf an, in welchem Monat die Leistung erbracht wurde. Wurde die Leistung (z. B. Programmierung) im Juni erbracht und die Rechnung dazu wird im Juli ausgestellt, gilt noch der reguläre Steuersatz von 19%. Für Rechnungen, die im Januar erstellt werden, sieht es anders aus. Wurde die Leistung im Dezember erbracht, muss die Rechnung noch mit dem niedrigeren Steuersatz von 16% ausgewiesen werden.
Wird die Leistung im Rahmen eines Werkvertrags erbracht, ist der Zeitpunkt der Vollendung des Werks ausschlaggebend. Wird das Werk im Juni vollendet, aber die Rechnung erst im Juli gestellt, gilt trotzdem der normale Steuersatz von 19%.
Steuerbar ist eine Leistung weiterhin grundsätzlich dann, wenn sie eine
- Lieferung oder
- Sonstige Leistung
ist, die im Rahmen eines Unternehmens von einem Unternehmer nach § 2 UStG im Inland, durch Einfuhr von Gegenständen im Inland oder durch innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland gegen Entgelt erfolgt (siehe § 1 UStG, 2).
Es kann auch vor dem 01.07.2020 Geschäftsvorfälle geben, die mit den ermäßigten Steuersätzen steuerbar sind, wenn deren Umsatz im betreffenden Zeitraum ausgeführt wird. Außerdem solche, die bereits abgerechnet und bezahlt, aber noch nicht geleistet wurden und daher hinsichtlich ihrer Rechnungsstellung ggf. korrigiert werden müssen.
Auswirkungen auf IT-Systeme
Um die steuerbaren Umsätze in einem ERP-System (z. B. Odoo) korrekt zu buchen, sind je nach konkreten Geschäftsprozessen und verwendeten Kontenrahmen verschiedene Einstellungen vorzunehmen und ggf. Steuerkonten für die ermäßigten Steuersätze hinzuzufügen oder auszuwählen. In jedem Falle sollten die wesentlichen Geschäftsvorfälle im Vorfelde der steuerlichen Umstellung einmal durchgespielt und mit dem jeweiligen Steuerberater auf Korrektheit geprüft werden.
Idealerweise geschieht dies ab sofort, da eine Vielzahl von Sonderfällen ausschließlich vor dem 01.07.2020 noch einfach korrigiert werden können. Bereits die übliche Rechnungsstellung muss hier einige Sonderfälle behandeln. Der Gesetzesentwurf beinhaltet aber beispielsweise auch Regelungen zur Besteuerung von Gutscheineinlösungen, Regelungen für die Gewährung von Jahresboni, Besteuerung von Telekommunikations- und Beförderungsleistungen u.v.a.m.
Was sollte ich als Unternehmer*in jetzt tun?
Nehmen Sie sobald wie möglich Kontakt mit Ihrem Steuerberater und Ihrem IT-Dienstleister auf und beraten Sie gemeinsam über folgende Schritte:
Relevante Geschäftsvorfälle gruppieren und Sonderfälle identifizieren, z. B. in den Bereichen
Rechnungen
Gutschriften
Teilrechnungen
Dauerrrechnungen
Serviceverträge
Gutscheine
Beteiligte IT-Systeme identifizieren
E-Commerce-Plattform (z. B. Magento, Shopware, XTC, Odoo u. a.)
ERP-System (Odoo / OpenERP, Sage, SAP, Dynamics u. a.)
Point of Sale Anwendung (Odoo PoS u. a.)
Beteiligte IT-Dienstleister ansprechen
Herangehensweise des jeweiligen Toolherstellers / Servicepartners und etwaige Patches / Systemänderungen ermitteln
Umsetzungsplan über alle beteiligten Systeme und Dienstleister abstimmen (idealerweise mit Rückschaltung am 31.12.2020)
Testlauf planen
Mit ihrem Steuerberater die rechtskonforme Umsetzung prüfen
Wen kann ich bei Fragen kontaktieren?
Für Fragen zur konkreten Umsetzung wenden Sie sich bitte direkt an die Kanzlei Preuss, mit deren Zusammenarbeit wir diese Informationen für Sie zusammengefasst haben, oder Ihren Steuerberater.
Die Kanzlei Preuss erreichen Sie unter den folgenden Kontaktdaten:
Mathias Preuss
Kirchenstraße 5
21244 Buchholz
Telefon: +49 4181 300 50
E-Mail: info@preuss-steuerberater.de
Internet: www.preuss-steuerberater.de
Für die technische Umsetzung in Odoo / OpenERP bzw. Ihren Open-Source-Anwendungssystemen kommen Sie gerne auf uns zu oder konsultieren Sie den IT-Dienstleister Ihres Vertrauens. Sie erreichen uns telefonisch unter +49 4105 135 03 99, per Email an sales@initos.com oder über unser Kontaktformular.
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Referenzen
[1] Informationen zur befristeten Umsatzsteuersenkung https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2020-06-12-befristete-Senkung-umsatzsteuer-juli-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=3
[2] Formulierungshilfe für ein zweites Corona-Steuerhilfegesetz https://steuerberater-verband.de/2020/06/09/bmf-formulierungshilfe-fuer-ein-zweites-corona-steuerhilfegesetz/
[3] Entstehung der Umsatzsteuer https://de.wikipedia.org/wiki/Entstehung_der_Umsatzsteuer_(Deutschland)
[4] Umsatzsteuer-Anwendungserlass mit Stand vom 07.05.2020 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/Umsatzsteuer-Anwendungserlass-aktuell-Stand-2020-05-07.pdf?__blob=publicationFile&v=25