Digitalisierung von Geschäftsprozessen: So lässt sich mit Odoo Mass Customization und Automatisierung umsetzen
Die Digitalisierung ist eine Herausforderung für kleine und mittelständische Unternehmen. Sie verändert bestehende betriebliche Zustände und stellt die bisherigen Geschäftsmodelle von Unternehmen somit auf den Prüfstand. Dementsprechend ist die Digitalisierung der eigenen Geschäftsprozesse oft die Konsequenz für KMU. Um zu zeigen, wie ein solcher digitalisierter Geschäftsprozess mit dem Open Source ERP-System Odoo aussehen kann, haben wir bei initOS ein Beispielszenario von kundenindividueller Massenproduktion erarbeitet und implementiert.
Die Besonderheit des Szenarios ist, dass neben Odoo ausschließlich Open Source Software Komponenten verwendet wurden. Dadurch können die Vorteile und Möglichkeiten von Open Source Software bezüglich der digitalen Integration von Soft- und Hardwarekomponenten aufgezeigt werden. In unserem speziellen Anwendungsfall kann in dem Open Source ERP-System Odoo eine Schraube individuell angepasst werden und dann automatisch von einem 3D-Drucker gedruckt werden.
Unser Beispielszenario entstand aus der Idee heraus, einen Showcase zu entwickeln, der beispielhaft einen digitalisierten Geschäftsprozess und die einfache Integration mehrerer Soft- und Hardwarebausteine mit Open Source Software zeigt.
Wir haben entschieden, ein Mass-Customization-Szenario zu implementieren, in dem Werkstücke nach individuellen Bedürfnissen angepasst und in Masse gedruckt werden können. Der Fokus lag dabei vor allem auf der Koordination der verschiedenen Komponenten durch das Open Source ERP-System Odoo und der damit einhergehenden Automatisierung des Prozesses. Das Beispielwerkstück in unserem Anwendungsfall ist eine Schraube, da Schrauben-Formen vielfältige Anpassungen ermöglichen, das ein Schraubenkopf, Schaft und das Gewinde viele Varianten und Parameter haben.
Nach erster Recherche wurden die benötigten Bausteine identifiziert und jeweils nach der Auswahl einer geeigneten Open Source Software implementiert.
Für die Umsetzung unseres Beispielszenarios wurden fünf Bausteine benötigt:
- Das ERP-System Odoo, damit der Anwender die Schraube individuell anpassen kann und alle Komponenten gesteuert werden können
- Ein CAD-Programm, damit die Schraube modelliert werden kann
- Ein Slicer-Programm, damit Druckanweisungen für den 3D-Drucker generiert werden können
- Ein Webinterface, um den Drucker steuern und kontrollieren zu können und das automatische Drucken von Modellen zu ermöglichen
- Einen 3D-Drucker, um das angepasste Modell drucken zu können
Für jeden dieser Bausteine wurden bekannte Open Source Alternativen verglichen und die für den Anwendungsfall am besten geeignetste ausgewählt.
Digitalisierung mit Odoo
Für die Umsetzung des Geschäftsprozesses wurde von Mitarbeiter der initOS GmbH in Odoo ein neues Modul namens „Custom 3D prints“ entwickelt. In diesem Modul lassen sich Aufträge für das Drucken einer Schraube erstellen.
In der Modulübersicht gibt es eine Liste aller bisher erstellten Aufträge. Diese haben jeweils eine eindeutige, automatisch generierte Referenznummer, ein zugeordnetes Produkt (für unseren Prototypen gibt es nur eine Schraube als Produkt), die Anzahl der zu druckenden Produkte und den Status des jeweiligen Druckauftrags. Von dieser Gesamtübersicht ausgehend, kann man als Nutzer nun neue Druckaufträge anlegen oder die bestehenden Aufträge verändern.
Erstellt man einen neuen Auftrag, sieht das Formular wie folgt aus:
Es kann zum Beispiel eine Priorität für den Auftrag angegeben werden. So kann die Abarbeitung der Aufträge von dem System vollkommen automatisch übernommen werden, indem die Reihenfolge auf Priorität und Erstellungszeitpunkt der Aufträge basiert. In unserem Szenario gibt es nur eine benötigte manuelle Handlung nach der Erstellung des Auftrags, nämlich das Entfernen der Schraube vom Druckbett des 3D-Druckers. Mit dem Drücken des Buttons „Removed“ muss dann bestätigt werden, dass die Schraube entfernt wurde.
Bevor ein Druckauftrag gestartet werden kann, muss der Anwender jedoch erst mal angeben, welche Parameter die Schraube haben soll. Dafür gibt es bei der Erstellung eines Auftrags den Tab „print model“. Hier kann der Nutzer einige Parameter der zu druckenden Schraube festlegen. In diesem Prototypen sind einige Parameter nicht veränderbar oder lassen sich nur in einem bestimmten Wertebereich festlegen, um abzusichern, dass ein realistisches Modell gedruckt wird. Wenn der Nutzer alle Parameter nach den eigenen Bedürfnissen festgelegt hat, kann der Auftrag mithilfe des Buttons „Transmit“ übermittelt werden.
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CAD-Programm
Um 3D-Modelle digital zu modellieren braucht man ein sogenanntes CAD-Programm. Wir haben für unseren Anwendungsfall „FreeCAD“ verwendet. Das besondere an FreeCAD ist, dass es nicht nur die manuelle Modellierung mithilfe der Nutzeroberfläche ermöglicht, sondern ein 3D-Modell auch durch das Ausführen eines vom Programm generierten oder selber geschriebenen Skripts erstellt werden kann. In dem Skript werden die verschiedenen Anweisungen zum Erstellen des Modells in Form von Programmcode beschrieben. Die Verwendung eines solchen Skripts ist notwendig, um den Prozess der Modellierung automatisch durchführen zu können. Außerdem können so die in Odoo angegeben Parameter für jedes Modell flexibel verändert werden. Unsere fertig modellierte Standardschraube sieht in FreeCAD so aus:
Die Parametrisierung der Schraube war hier eine große Herausforderung. Durch die komplexe Form und besonders das Gewinde, war die Modellierung einer Schraube in FreeCAD mithilfe eines Skripts aufwendig. Es musste darauf geachtet werden, dass alle Parameter veränderbar sind und sich auf alle betroffenen Teile der Schraube auswirken.
Slicer Programm
Beim Drucken eines Produkts arbeitet der 3D-Drucker eine große Anzahl von Anweisungen hintereinander ab. Diese Anweisungen werden von einem Slicer Programm generiert. Das zuvor 3D-modellierte Modell wird in das Programm geladen und die Qualität und Geschwindigkeit des Druckvorgangs kann durch bestimmte Einstellungen beeinflusst werden. Der Slicer unterteilt das 3D-Modell in viele Schichten und generiert Bewegungsanweisungen für jede Schicht. Außerdem werden auch generelle Anweisungen wie zum Beispiel die verwendete Temperatur von dem Slicer Programm generiert. Für unser Szenario wurde das Programm „Slic3r“ verwendet, da dieses in Kombination mit unserem Druckermodell eine gute Druckqualität liefert und vor allem, weil auch hier keine manuelle Eingaben benötigt werden. Es kann einfach mit einem Programm-Befehl verwendet werden und generiert dann die Datei, die die Anweisungen für den 3D-Drucker enthält. Den Inhalt dieser Datei nennt man G-Code.
Web Interface
Damit der 3D-Drucker etwas drucken kann, muss der G-Code des zu druckenden Gegenstandes auf den Drucker geladen werden. Das Laden des G-Code auf die Speicherkarte erfordert händisches Eingreifen, weswegen wir mit dem Programm „OctoPrint“ gearbeitet haben. Dieses lässt das Senden der Druckeranweisungen über WLAN zu und bietet dem Nutzer über ein Web Interface die Möglichkeit, den Drucker aus der Ferne zu bedienen. So können zum Beispiel die Position und die Temperatur des Druckers über OctoPrint gesteuert werden. Der G-Code kann auch mit diesem Programm ebenfalls mithilfe eines Befehls automatisch an den Drucker gesendet und der Druck gestartet werden. Während des Drucks kann dessen Status mit OctoPrint angesehen, pausiert oder gestoppt werden. Um bei der automatischen Abarbeitung eines Druckauftrags sicherstellen zu können, dass es keine Probleme gibt, kann auch eine Webcam an den Drucker angebracht und mit OctoPrint verbunden werden, sodass der Druck die ganze Zeit überwacht werden kann.
3D-Drucker
Wir verwenden für die Umsetzung des digitalisierten Geschäftsprozesses einen Prusa i3 MK2S 3D-Drucker. Dieser arbeitet mit Schmelzschichtung, das heißt schmelzfähiger Kunststoff wird schichtweise von der Düse des Druckers auf das Druckbett aufgetragen. Dabei wird der drahtförmiger Kunststoff in die Düse gegeben und dort stark erhitzt, so dass er in flüssiger Form aufgetragen werden kann. Bis die nächste Schicht aufgetragen wird, ist der Kunststoff bereits abgekühlt und erstarrt.
Nachdem der G-Code des Schraubenmodells mit OctoPrint auf dem Drucker hochgeladen wurde, beginnt dieser automatisch mit dem Druckprozess und übernimmt auch das Erhitzen der Düse und des Druckbetts ohne weitere manuelle Handlungen. Wenn das gedruckte Produkt fertig ist, kann es nach einer kurzen Wartezeit zum Abkühlen vom Druckbett entfernt werden und der Prozess ist beendet. Sobald das Druckbett wieder frei ist, kann dies in Odoo mit dem „Removed“ Button angegeben werden und die Bearbeitung des nächsten Auftrags startet automatisch.
Unser digitalisierter Geschäftsprozess nutzt einen der großen Vorteile von Open Source Software: Die einfache Integration mehrerer Bausteine. Dadurch wird in dem Szenario die digitalisierte kundenindividuelle Massenproduktion ermöglicht. Es gibt natürlich viele Möglichkeiten der Erweiterung unseres digitalisierten Geschäftsprozesses.
Es könnte auch ein Webshop an Odoo angekoppelt werden, in dem der Kunde direkt ein Produkt wie die Schraube anpassen und bestellen kann. Der anschließende Prozess der Produktion würde nun komplett automatisch ablaufen. Mit dem Odoo-Magento-Connector würde sich dies leicht realisieren lassen, indem mit dem Open Source Onlineshop-System Magento ein Webshop implementiert und mit Odoo verbunden werden könnte.
Auch können natürlich mehrere anpassbare Produkte angeboten oder die Produktion mithilfe mehrerer Drucker parallelisiert werden.
Unser Szenario ist nur ein Beispiel dafür, wie ein digitalisierter Geschäftsprozess aussehen kann. Der Showcase veranschaulicht, wie ein Prozess, der ursprünglich viele manuelle Schritte benötigt hat, automatisiert werden kann. Hierbei kommt dem ERP-System Odoo als steuerndem Baustein über den alle Komponenten integriert werden können eine wichtige Rolle zu. Ein weiteres Beispiel für einen digitalisierten Geschäftsprozess mit von Odoo integrierten Komponenten ist die digitalisierte Modell-Fabrik Otto‘s Fat Bolts.
Wenn Sie sich für Odoo interessieren oder einen Ansprechpartner bei der Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse brauchen, sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne weiter! Sie erreichen uns entweder telefonisch unter +49 4105 135 03 99, per Mail an sales@initos.com oder über unser Kontaktformular:
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